Kundenzentrierung bei Energieversorgern

Kundenbindung steigern durch ganzheitliches Feedbackmanagement als Energieversorger

Energieversorger stehen vor der Herausforderung, sich auf dynamisch ändernde Kundenbedürfnisse und steigende Kundenanforderungen einstellen zu müssen. Andernfalls laufen sie Gefahr, Marktanteile zu verlieren. Vor allem die Kommunikation mit Privatkunden stellt Energieunternehmen vor komplexe Aufgaben, da Kunden in diesem Bereich über Online-Portale eine kurze Reaktionszeit erwarten und über soziale Medien geäußertes Feedback eine hohe Reichweite hat.

Vor allem im Energiesektor ist die Neukundengewinnung sehr teuer, da Boni und Prämien angeboten werden. Durch Vergleichsportale wie Verivox und Check24 hat die Wechselbereitschaft der Kunden einen nie dagewesenen Höhepunkt erreicht. Insbesondere die Generation Z ist nicht nur digital-affin, sondern legt auch großen Wert auf Nachhaltigkeit und Transparenz. Somit wächst der Anspruch an Energieunternehmen, Feedback schnell und professionell zu bearbeiten. Ein ganzheitliches Feedbackmanagement im Rahmen der Customer Centricity ist der Schlüssel.

Customer Centricity – was bedeutet das eigentlich?

Unabhängig von der Branche stellen aktuell noch immer viele Unternehmen ihr Produkt oder ihre Dienstleistung in den Mittelpunkt ihrer Vertriebsaktivitäten.

Laut der Definition Customer Centricity, zu Deutsch Kundenzentrierung, fängt die Wertschöpfungskette bei der Kundschaft an. In der Vermarktungsstrategie wird das Kundenerlebnis nach den Bedürfnissen der Kunden ausgerichtet, um diese individuell und möglichst an allen Touchpoints der Customer Journey zu erreichen. Ein kundenzentriertes Unternehmen in der Energiebranche kennt nicht nur seine Kunden gut und richtet die eigenen Unternehmensziele auf die Kunden aus. Es hilft dem Endverbraucher darüber hinaus, Effizienz- und Einsparziele zu erreichen und Energiekosten zu sparen. Eine kundenzentrierte Ausrichtung eines EVU kann entscheidend dazu beitragen, einen positiven Eindruck beim Kunden zu hinterlassen und im Wettbewerb aus der Masse an Anbietern in Vergleichsportalen hervorzustechen.

 

Kundenorientierung vs. Kundenzentrierung 

Die beiden Begriffe Kundenorientierung und Kundenzentrierung werden häufig synonym verwendet. Beide Begriffe beziehen sich zwar auf die Ausrichtung eines Unternehmens an den Bedürfnissen und Erwartungen seiner Kunden, aber die Schwerpunkte und Ziele unterscheiden sich jeweils deutlich.

Kundenorientierung bedeutet, die Bedürfnisse der Kunden zu verstehen und zu erfüllen. Kundenorientierte Unternehmen passen Ihr Angebot demnach an die Bedürfnisse der Kunden an.

Kundenzentrierung geht einen Schritt weiter: Hierbei wird der Kunde in den Mittelpunkt aller unternehmerischen Aktivitäten gestellt. Kundenzentrierte Unternehmen versuchen, die Probleme und Bedürfnisse ihrer Kunden zu verstehen. Sie versuchen herauszufinden, wer ihre Kunden eigentlich sind, wie sie sich verhalten und was sie zum Kauf motiviert. Dieser Wandel erfordert eine Veränderung in der Denkweise des gesamten Unternehmens.

Für Energieversorgungsunternehmen bedeutet dies, den Fokus nicht nur auf Produkte zu legen, sondern die gesamte Customer Journey (Kundenreise) zu optimieren und positive Kundenerlebnisse an allen relevanten Kontaktpunkten zu schaffen. Durch die Analyse der Customer Journey ist es möglich, ein tiefer gehendes Verständnis der Kunden mit ihren Erwartungen und Erfahrungen, sprich der ganzheitlichen Customer Experience zu entwickeln, auch um innovative Lösungen anbieten zu können.

Doch was braucht es, um Kundenzentrierung ganzheitlich umzusetzen? Für die kundenzentrierte Ausrichtung eines EVU sind vier Elemente von Bedeutung: Produkte, Kommunikation, Unternehmenskultur und Customer Journey:

  • Produkte: Der Kundennutzen muss im Fokus der Produktentwicklung stehen. Methoden wie Design Thinking und Co-Kreation helfen dabei, Produkte zu entwickeln, die tatsächlich die Bedürfnisse der Kunden erfüllen.

  • Kommunikation: Eine tiefgehende und individuelle Kundenbeziehung durch 1:1-Kommunikation ist entscheidend. Dies beinhaltet die Nutzung bevorzugter Kommunikationskanäle der Kunden, selektive und gewünschte Kontaktaufnahmen sowie eine kundenspezifische Informationsdarbietung.

  • Unternehmenskultur: Eine kundenorientierte Denkweise und Handeln müssen von Führungskräften und Mitarbeitenden verinnerlicht werden. Anpassungsfähigkeit und Zusammenarbeit in agilen Teams sind hier unerlässlich.

  • Customer Journey: Jeder Interaktionspunkt mit dem EVU muss so gestaltet sein, dass er die Kundenzufriedenheit maximiert. Von der ersten Beratung bis hin zum Beschwerdemanagement muss die Customer Journey optimal ausgestaltet sein.

Dementsprechend müssen EVU verschiedene Customer Journeys im Kundenlebenszyklus sowie dazwischenliegende Prozesse optimieren, um die Kundenzufriedenheit sicherzustellen. Zu diesen Customer Journeys gehören unter anderem das Beratungsgespräch in der Interessephase des Kunden, der Vertragsabschluss in der Kaufphase des Kunden sowie Kundenerfahrungen im Zuge des Tarifwechsels oder das Übermitteln einer Beschwerde.

Während positive Erfahrungen den Kundenzufriedenheitsgrad steigern und die Kundenbindung erhöhen, senken negative Erfahrungen die Kundenzufriedenheit und können in letzter Konsequenz zu einer Kündigung bestehender Verträge führen.

Feedbackmanagement als Baustein kundenzentrierter EVU

Feedback kann auf verschiedenen Wegen gesammelt werden. Aber Kundenbefragung ist nicht gleich Kundenbefragung. Es gilt transaktionale und relationale Befragungen zu nutzen und zu verstehen worin die Vorteile beider Methoden liegen.

Transaktionales Feedback erfolgt direkt nach einer Interaktion, beispielsweise nach einem Gespräch mit dem Kundenservice oder einer Serviceleistung wie einem Tarifwechsel. Eine transaktionale NPS-Umfrage würde folgendermaßen formuliert werden: "Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie [Unternehmen] aufgrund Ihrer letzten [Erfahrung/Produktkauf] weiterempfehlen würden?"

Vorteile transaktionaler Kundenbefragungen

  • Feedback gezielt einem Geschäftsvorgang zuordnen, um spezifische prozess- bzw. produktbezogene Verbesserungen umzusetzen und maßgeblich zur Kundenzentrierung beitragen zu können
  • Unmittelbare und kontinuierliche Rückmeldung zu Produkten und Services, um frühzeitig auf Trends und Kritik reagieren zu können
  • Schnelle Implementierung und Umsetzung möglich mit üblicherweise hoher Rücklaufquote
  • Hohe iinterne Vergleichbarkeit, da das Ergebnis häufig mit einem einzigen Wert oder KPI ermittelt werden kann

 

Passives, relationales Feedback hingegen wird gesammelt, ohne dass eine direkte Interaktion stattfindet, z.B. über soziale Medien oder Bewertungsportale.

Vorteile relationaler Kundenbefragungen

  • Kundenzufriedenheit im Gesamten messen, vor allem auf mittel- und langfristige Sicht
  • Verschiedene Fragenformate möglich, d.h. hohe gestalterische und methodische Flexibilität
  • Grundlegende Informationen in Bezug auf Stimmung und Loyalität gegenüber Ihrem Unternehmen

Der Umgang mit Kundenbeschwerden als wichtigster Aspekt

Der Umgang von EVU mit Kundenbeschwerden ist eine der wichtigsten Customer Journeys im Lebenszyklus eines Kunden im Energiesektor. Es geht nicht nur darum, Beschwerden schnell und effizient zu lösen, sondern auch darum, aus diesen Beschwerden zu lernen und kontinuierliche Verbesserungen abzuleiten, indem man sie als wichtige Informationsquelle erkennt.

Eine unzureichend beantwortete Kundenbeschwerde mindert die Kundenzufriedenheit erheblich. Dies kann u.a. zur negativen Beeinflussung anderer Bestandskunden oder möglicher Neukunden führen, z.B. über negative Beurteilungen in sozialen Medien, oder zur Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen Kunde und EVU, zumal über Online-Portale ein Anbieterwechsel binnen weniger Minuten ermöglicht wird. Folglich sollte der Umgang mit Beschwerden im Fokus jedes EVU stehen, das eine kundenzentrierte Ausrichtung als Ziel verfolgt.

Kunden sind aus anderen Branchen, z.B. dem Online-Handel, Serviceniveaus gewöhnt, die eine Beantwortung von Kundenanliegen und -beschwerden innerhalb von 24 Stunden bieten. Dieser Komfort und Anspruch wird von Kunden auch auf die Energiewirtschaft übertragen. Somit gilt es für EVU, sich bei der Ausgestaltung des Feedbackmanagements und der Festlegung von Servicezielen an die wachsenden Kundenerwartungen auszurichten. Des Weiteren ist es für EVU wichtig, das Feedbackmanagement als wichtige Informationsquelle für die kundenzentrierte Ausrichtung des Unternehmens zu verstehen.

Um die Chancen des Feedbackmanagements vollständig zu nutzen, müssen Kundenfeedbacks systematisch erfasst und ausgewertet werden. Diese Datenerfassung und -analyse ermöglicht es, konkrete Handlungsbedarfe zu identifizieren und Maßnahmen im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses abzuleiten und umzusetzen. Somit sollte das Feedbackmanagement als Bestandteil eines unternehmensweiten Qualitätsmanagements betrachtet und in diesen Rahmen integriert werden.

Best Practice: Wie die Stadtwerke Lübeck Feedbackmanagement nutzen, um die Kundenbindung langfristig zu steigern

Die Stadtwerke Lübeck haben gezeigt, wie ein umfassendes Feedbackmanagement implementiert werden kann. Durch eine initiale IST-Analyse und die Entwicklung eines bereichsübergreifenden Feedbackmanagement-Konzepts wurden seit 2017, gemeinsam mit externer Unterstützung, die folgenden Projektschritte umgesetzt:

  • Strategisches Feedbackmanagement: Planung und kontinuierliche Verbesserung
  • Direktes Feedbackmanagement: Annahme und Bearbeitung von Feedback
  • Indirektes Feedbackmanagement: Auswertung und Reporting von Feedback
  • Methoden und Tools: Systematische Weiterentwicklung von Prozessen und Systemen.

Ein zentrales Feedbackmanagement koordiniert strategische Fragen und die Verbesserung von Prozessen, während dezentrale Feedbackbeauftragte die Bearbeitung und Analyse von Feedback in ihren Fachbereichen übernehmen. Diese Struktur ermöglicht eine detaillierte und gezielte Auswertung und Optimierung der Kundeninteraktionen. Die gemeinsame Festlegung von Zielen, z.B. in den Dimensionen Finanzen, Kunden, Prozesse und Mitarbeitende, diente als Grundlage für die Ableitung von Performanceindikatoren anhand derer die Leistung des Feedbackmanagements überprüft und gesteuert wird.

Die Implementierung des Feedbackmanagement-Konzeptes erfolgte durch gemeinsam entwickelte Gruppentrainings und E-Learning-Einheiten für Mitarbeitende im Kundenkontakt. Hierdurch wird gewährleistet, dass ein einheitliches Verständnis sowohl in Bezug auf begriffliche Aspekte als auch auf die übergeordneten Ziele, insbesondere die Kundenzentrierung und die Optimierung von Prozessen innerhalb der Stadtwerke Lübeck, vorliegt.

Fazit und Ausblick

Ein ganzheitliches Feedbackmanagement ist ein Schlüsselfaktor für den langfristigen Erfolg eines EVU. Durch die systematische Erfassung und Auswertung von Kundenfeedback können nicht nur aktuelle Probleme gelöst, sondern auch zukünftige Bedürfnisse der Kunden antizipiert und berücksichtigt werden. Dies führt zu einer höheren Kundenzufriedenheit und -bindung, was wiederum den Unternehmenserfolg steigert, da ganzheitliches Feedbackmanagement mit dem Unternehmenserfolg korreliert. In einer Branche, in der die Differenzierung nach Produkten schwierig ist, bietet die Kundenzentrierung und das Feedbackmanagement einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.

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