Kathrin: Barbara, du arbeitest seit fast 20 Jahren im Bereich Customer Experience Management, insbesondere für die Automobilbranche. Wie würdest du den aktuellen Status Quo des CX-Managements in diesem Sektor beschreiben?
Barbara: Der Automobilsektor ist in Sachen Customer Experience ein absoluter Vorreiter. Die Hersteller investieren schon seit etwa zwei Jahrzehnten weltweit in CX-Programme, die sich traditionell stark auf die einzelnen Händler konzentrieren. Vor allem in den letzten Jahren wurden diese Programme dann weiterentwickelt, um digitale Touchpoints besser zu integrieren und das Kundenerlebnis konsistenter zu gestalten. Wir beobachten gleichzeitig auch eine zunehmende Komplexität in der Kundenreise. Neue Anforderungen rücken zunehmend ins Zentrum.
Geschwindigkeit, Effizienz und Relevanz in der Datennutzung sind heute entscheidend.
Kathrin: Was sind die größten Trends, die du in der Branche aktuell siehst?
Barbara: Derzeit prägen drei Trends die Entscheidungsprozesse massiv:
Die Transformation zur E-Mobilität.
Einerseits getrieben ist durch politische Rahmenbedingungen, aber andererseits ausgebremst wird durch Kaufzurückhaltung. Viele Konsumenten sind nach wie vor skeptisch wegen Ladeinfrastruktur, Preisen und Nutzwert. Daraus ergeben sich für Softwareanbieter Chancen, digitale Unterstützung entlang der EV-Kundenerfahrung zu entwickeln.
Kosten- und Investitionssensibilität.
OEMs stehen unter enormem Spardruck, Programme müssen schnell und effektiv Wirkung zeigen, messbar an relevanten Kenngrößen wie Absatz, Produktzufriedenheit, Kundenzufriedenheit, Reduzierung von Lost Sales.
CXM als Differenzierungsmerkmal.
In einem Markt, in dem Produkte zunehmend austauschbar erscheinen, gleichzeitig der Wettbewerb steigt und die Kaufkraft sinkt, wird der wahrgenommene Service und die Experience zum entscheidenden Treiber für Loyalität einer Marke gegenüber.
Kathrin: Gleichzeitig kämpfen deutsche Premium-Autobauer aktuell mit Absatzrückgängen – vor allem in Asien, aber auch in Europa. Was sind die Gründe dafür?
Barbara: Laut den aktuellen Geschäftsberichten gibt es dafür mehrere Faktoren.
Zum einen ist der starke Marktrückgang in China durch inländische Konkurrenz, geopolitische Unsicherheiten und lokal geprägte Erwartungen an Produktgestaltung zu nennen.
Außerdem wirken sich in Europa wirtschaftliche Unsicherheiten, hohe Energiekosten und gestiegene Zinssätze negativ auf Leasing- und Finanzierungsmodelle aus.
Gleichzeitig wächst der Gebrauchtwagenmarkt stark an. Kunden und Kundinnen kaufen zunehmend preisgetrieben, was die Gewinnspannen beim Verkauf von Neuwagen infrage stellt.
Auch neue Vermarktungs- und Eigentumskonzepte – wie Leasing- und Mietmodelle statt Kauf, oder Direct Sales statt Händlermodell spielen hier eine Rolle.
Vor allem für die E-Mobilität ist relevant, dass die Infrastruktur immer noch den Erwartungen hinterher hinkt.
Und zuletzt kommen interne Kostendruck-Maßnahmen, wie massive Stellenstreichungen bei großen OEMs und ein radikaler Fokus auf Profitabilität hinzu.